Mit der Ankunft in Fiambalá rückt unser Heimflug näher. Die letzten Wochen gehen wir entspannt an, wollen die argentinische Lebensweise genießen und näher bei den Menschen sein. Bis spät in die Nacht begleiten uns hochsommerliche Temperaturen, da kommen uns die Eisläden in den kleinen Ortschaften sehr gelegen! Unseren Essens-Rhythmus passen wir recht schnell den lokalen Gepflogenheiten an und belohnen uns abends mit der einen oder anderen Flasche Rotwein. Es kommt fast ein wenig Urlaubs-Feeling in uns auf – wären da nicht die ewig langen Radtage auf der teils sehr “meditativen” Ruta 40 😉
Was uns besonders beeindruckt, sind die Menschen selbst. Obwohl Argentinien seit Jahren in einer tiefen Krise steckt und das (Über-)Leben immer schwieriger wird, kommt uns eine schier grenzenlose Offenheit und Großzügigkeit entgegen. Oft bekommen wir beim Einkaufen ein Sackerl Rosinen oder Nüsse geschenkt, einmal lädt man uns sogar zu einer kostenfreien Zusatz-Übernachtung in einer Posada ein!
Eine etwas anspruchsvollere Etappe bringt uns schließlich in 2 1/2 Fahrtagen vom beschaulichen Barreal nach Mendoza. Die Radtage sind geprägt von einer wüstenhaften, kontrastreichen Landschaft. Eine Gewitterfront bringt kurzzeitige Abkühlung und heftige Winde, unser Durchhaltevermögen wird ein letztes Mal auf die Probe gestellt. Entschädigt werden wir aber von der grandiosen Natur die uns umgibt: Farbenprächtige Wildblumen blühen am Wegesrand, in den Lüften erspähen wir Kondore und eines Nachmittags werden wir sogar von einem neugierigen Fuchs beobachtet. Bis auf zwei Meter nähert er sich uns – eine faszinierende Begegnung!
Mit Mendoza erreichen wir den vorletzten Meilenstein unserer Reise. Die Stadt ist vor allem für ihren herrvorragenden Wein berühmt, doch auch darüber hinaus hat Mendoza einiges zu bieten. Die “Mendozinos” verstehen es, das Leben zu genießen. In den zahlreichen Parks wird fröhlich flaniert, Mate getrunken und Sport getrieben. Die Restaurant-Straßen sind belebt und erwarten uns mit einer abwechslungsreichen Kulinarik auf Welt-Nievau.
Als Krönung erleben wir die Live-Übertragung des Fußball WM-Achtelfinales gegen Australien, welches die Argentinier für sich entscheiden. Die Stimmung ist einfach grandios! Obwohl wir eigentlich keine Fußballfans sind, werden wir von der Leidenschaft der ausgelassenen Fans angesteckt!
Über den Paso los Libertadores gelangen wir schließlich nach Santiago de Chile. Wir verbringen drei angenehme Tage in der Hauptstadt Chiles, schlendern durch trendige Viertel und verpacken unsere Fahrräder für den Rückflug. Ein besonderes Highlight erleben wir zu Maria Empfängnis am Cerro San Cristobal, einem Aussichtsberg inmitten der Millionenstadt. Am Fuße des Bergs wundern wir uns noch über die Massen an Menschen, die sich bei dieser Affenhitze gemeinsam mit uns hochquälen. Oben dann des Rätsels Lösung: Heute findet zu Ehren der Jungfrau Maria eine gigantische Freiluft-Messe statt, die von Tausenden Menschen besucht wird. Am Gipfel thront eine riesige Marienstatue, die im Mittelpunkt der Feierlichkeiten steht. Die Menschen holen sich bei den Priestern ihren Segen, zünden eine Kerze an oder wohnen selig der heiligen Messe bei. Selten haben wir bei kirchlichen Feierlichkeiten eine derart berührende Atmosphäre erlebt.
Nach einem letzten Besuch bei Freunden heißt es für uns Abschied nehmen von vier Monaten Südamerika. Es waren vier intensive Monate mit vielen Auf und Abs, und das nicht nur im topografischen Sinn. Wir haben einige der härtesten Routen auf diesem Kontinent unter unsere Stollenreifen genommen, gelitten, geschwitzt, gestaunt, gelacht, geweint. Wir freuen uns nun auf geruhsame Feiertage mit unseren Familien, auf Glühwein und Kekse und tief verschneite Winterlandschaften.
Doch als das Flugzeug vom Boden abhebt und wir hoch über den Wolken fliegen, träumen wir insgeheim schon wieder von holprigen Pisten, hohen Pässen und einsamen Zeltnächten unter dem unendlichen, südamerikanischen Himmel …